Erfolgreiche Ehemänner

26.01.2008

Vor einiger Zeit mußte ich mich an einen Spruch erinnern, den ich in meiner Jugendzeit häufiger gehört habe, der jetzt nicht mehr so verbreitet ist. Bemerkenswert ist vielleicht, daß diese Spruch ausschließlich von Frauen geäußert wurde. Er lautet:

"Hinter einen erfolgreichen Mann steht eine gute Ehefrau"

Abgesehen davon, daß dieser Spruch ziemlich diskriminierend für die Frauen ist und - wie erwähnt - nicht mehr so richtig aktuell, birgt er einige offene Fragen. Die Sache mit der Diskriminierung ist offensichtlich. Heutige Frauen sind - zum Glück - nicht mehr bereit, sich in eine Position hinter dem Mann einzufinden. Ehrlich gesagt, habe ich sogar den Eindruck, daß in vielen heutigen Beziehungen die Frau voran läuft und der Mann - in Funktion des Wasserträgers - hinterher. Ob diese Reihenfolge jetzt besser ist, kann man bezweifeln, aber ein echtes Nebeneinander - im Sinne von: auf gleicher Ebene - ist ziemlich schwer zu realisieren. Aber mir geht es hier auch nicht um die Frage der Anordnung sondern um das Wort "erfolgreich".

Die Frage nach dem Erfolg kann man durchaus sehr unterschiedlich bewerten. Ein Beispiel: Herr Anton gründet eine äußerst erfolgreiche Firma, wird mehrere Male zum Unternehmer des Jahres gewählt, ans-Dampf-in-allen-Gassen, stirbt mit etwa 55 Jahren an Herzkasper und hinterläßt seiner trauernden Ehefrau geschätzte 10 Millionen € Vermögen. Herr Bert läßt es als Grafiker nicht so hektisch angehen, kann mit 65 Jahren und einer halben Million € einen kleinen Landsitz in der Toskana erwerben, verbringt seinen Lebensabend mit Rotwein und attraktiven Italienerinnen und verabschiedet sich im Alter von etwa 85 Jahren geruhsam von dieser Welt.

Die Frage: Wer war erfolgreicher im Leben - Anton oder Bert? Aus der reinen Betrachtung der Geschäftszahlen und aus Perspektive der Ehefrau und der Gesellschaft muß man Anton als Sieger anerkennen. Versucht man dagegen, die Angelegenheit aus dem Blickwinkel der beiden Männer zu betrachten, zeigt sich ganz anderes Bild. Bert würde bestimmt um keinen Preis der Welt mit Anton tauschen wollen. Wenn Anton durch den Herzkasper nicht gleich dahingerafft wird, dann wirder sicherlich versuchen, mehr nach der Bert-Schiene zu leben. Mit anderen Worten: Erfolg ist subjektiv.

Das eigentliche Problem an solchen Betrachtungen liegt natürlich darin, daß man nicht herausfinden kann, wie es im umgekehrten Fall gelaufen wäre. Was wäre passiert, wenn ein Mann keine Frau oder eine andere geheiratet hätte? Leider bleibt uns der Einblick in dieses Paralleluniversum verwehrt.

Wie reich würde ein Junggesellen-Anton werden? Kann man davon ausgehen, dass er ohne die Doppelbelastung von Firma und Ehe ein geringeres Risiko zum Herzausfall ausstehen mußte? Denkbar wäre das. Nehmen wir an, die Frau hätte stattdessen Bert geheiratet. Könnte er dann als Grafiker arbeiten oder würde ihn seine Gattin - für die Kunst eine brotlose Kunst ist - stattdessen in Angestelltenverhältnis in einer Bank oder einem Autohaus schicken. Weil Bert mit diesem Job unzufrieden ist, kommt er nie über den Posten eines stellvertretenden Abteilungsleiters hinaus. Bei Renteneintritt reicht seine Lebensversicherung gerade mal für einen kleinen Schrebergarten. Den muß er vermutlich nicht mit seiner Frau teilen, weil die sich längst von ihm scheiden ließ. Sie versucht unterdessen beim reichen Anton anzubändeln, aber der steht natürlich nur auf jüngere Mädels.

Damit stellt sich mir der Eingangsspruch ein bischen anders dar: Zu jedem erfolgreichen Mann gesellt sich eine Frau, die von einem erfolglosen weggelaufen ist.

Ok, das klingt ein bischen sarkastisch, aber die Realität und Sarkasmus scheinen in diesem Universum gut miteinader zu korrelieren während die Kombination "Liebe und Ehe" wohl eher in einem Paralleluniversum zu finden - vielleicht ist es auch ein Orthogonaluniversum.


PS. an alle Personen, die mich nicht kennen: Wer errät meinen Familienstand?